Balloon Fight


von Phil
15.05.2011

Fliegen kann so einfach sein – wer hat sich als Kind damals nicht gewünscht, sich ein paar Luftballons umzuschnallen und mit den Armen wedelnd abzuheben? Genau darum geht es in Balloon Fight! Als einer der frühen Inhouse-Titel reiht sich Balloon Fight in die Reihe solcher arcadelastiger Spiele ein, bei deren Entwicklung sich Nintendo durchaus von zeitgenössischen Spielhallenklassikern inspirieren ließ, um das eigene Sortiment zu erweitern. In diesem Fall bediente man sich am Titel Joust von Williams Electronics, das später auch noch für das NES umgesetzt wurde und zu dem sich gewisse Parallelen im Gameplay nicht leugnen lassen. Lieferten sich in Joust noch Ritter auf fliegenden Straußen spannende Luftgefechte, wobei sie ihre Kontrahenten per Landung auf den Kopf ausschalteten, so galt es in Ballon Fight, nach dem gleichen Angriffsprinzip die Ballons von an ihnen hängenden Fliegerassen zu zerstören, um sie abstürzen zu lassen. Von einem bloßen Klon oder billigem Abklatsch von Joust kann bei Balloon Fight aber nicht die Rede sein, da Nintendo es verstand, das simple Spielprinzip sinnvoll zu erweitern. Ganz nebenbei versprüht Balloon Fight nicht zuletzt aufgrund des Themenwechsels und der besseren technischen Aufmachung deutlich mehr Charme als der Automatenzock aus dem Hause Williams Electronics.

Insgesamt stehen drei verschiedene Spielmodi zur Verfügung, wobei sich Modus A und B lediglich in Bezug auf die Anzahl der Spieler (ein oder zwei) unterscheiden. In diesem Standardmodus spielt sich die Action levelweise jeweils auf nur einem Bildschirm ab, den man zur linken und rechten Seite jeweils verlassen kann, um auf der anderen Seite entsprechend wieder aufzutauchen. Dabei steuert man einen kleinen Jungen, der sich an zwei Luftballons befestigt in den Kampf gegen andere Ballonflieger begibt, die jeweils nur mit einem Ballon ausgestattet sind. Hintergrund der Anzahl der Ballons sind die Anzahl von Fehlversuchen, über die man bis zum Absturz verfügt. Es gilt die Ballons aller Gegner zum Platzen zu bringen, indem man per Sturzflug auf ihnen landet. Ob sie sich hierbei in der Luft oder gerade auf dem Boden befinden, ist dabei egal. Trifft man sie, während sie noch auf dem Boden ihre Luftballons aufpumpen, so sind sie sofort besiegt. Bei einem Treffer in der Luft sinken sie per Notfallschirm zu Boden. Bevor sie diesen erreichen, sollte man schnell noch ein zweites Mal auf ihnen landen, um sie endgültig außer Gefecht zu setzen. Ansonsten droht ein erneutes Aufpumpen der Ballons, und entsprechend ein weiterer Kampf mit den bereits besiegt geglaubten Widersachern. Hat man Glück, so landen sie aber per Fallschirmflug direkt in der See und werden von einem überdimensionalen Fisch verspeist, der auch gerne mal nach unserem Helden schnappt, falls man sich zu nah am Meeresspiegel rumtreibt. Sind alle gegnerischen Ballonflieger besiegt, darf man sich dem nächsten Level widmen.

Die Jagd nach dem Highscore wird hierbei durch weitere Elemente noch interessanter. So gibt das Einsammeln von umherfliegenden Seifenblasen Extrapunkte, und aus dunklen Wolken entspringen Blitze, die unserem Helden gleich bei einfacher Berührung den Garaus machen. In späteren Levels befinden sich sogar sich um die eigene Achse rotierende Propeller, die sowohl den Helden als auch seine Widersacher bei Berührung in unvorhergesehene Richtungen schleudern. Dieses Item bringt übrigens so viel Action und Willkür in die Auseinandersetzungen, dass Nintendo es Jahrzehnte später ebenfalls in die berühmte Smash Bros. Serie einbaute.

Im Übrigen kann die eigene Spielfigur auch zwischenlanden und über die spärlich vorhandenen Landmassen flitzen, bevor er wieder abhebt. Dies kann unter anderem Zeit sparen, um sich zu Levelbeginn möglichst rasch auf die Gegner zu stürzen, die noch ihre Ballons aufzupumpen haben. Man ist ihnen, was den Flugstart angeht, stets einige Sekunden voraus und kann mit dem richtigen Timing und Geschick schon mehrere von ihnen besiegen, bevor der eigentliche Kampf begonnen hat! Da die Anzahl an verbliebenen Ballons und Leben ins jeweils nächste Level übertragen werden, lohnt es sich, möglichst fehlerfreie Flugeinlagen hinzulegen und die Gegner daher so früh wie möglich auszuschalten.

Jeweils nach drei Stages erwartet einen dann eine Bonusrunde, in der man möglichst zwanzig Ballons einsammeln muss, die aus verschiedenen Röhren herausfliegen und dem oberen Bildschirmrand entweichen, sofern man sie sich nicht schnell genug schnappt. Dies bringt Bonuspunkte und außerdem darf man nach Absolvieren der Bonusstage wieder mit zwei Ballons in die nächste Runde gehen.

Noch witziger wird all dies natürlich, wenn man den Kampf um die Ballons mit zwei menschlichen Spielern im Modus B bestreitet. Hierbei hat zwar jeder Spieler ein eigenes Punkte- und Lebenskonto, allerdings ist es einem selbst überlassen, ob man kooperativ oder gegeneinander spielen will. Die beiden Helden können sich nämlich gegenseitig ebenso verletzen wie die gegnerischen Flieger, die durch die Konsole gesteuert werden. Ein Heidenspaß, vor allem dann, wenn die Sache in den späteren Levels aufgrund der höheren Anzahl an Gegner, Blitzen und Propellern unübersichtlich zu werden droht.

Außerdem sorgt sicherlich auch die Steuerung des Spiels für das ein oder andere ungewollte Manöver. Diese wird nämlich oftmals als behäbig und unpräzise kritisiert. In Wahrheit bildet das Meistern der Schwerkraft allerdings den Knackpunkt des motivierenden Gameplays von Balloon Fight. Standardmäßig befinden sich die Spielfiguren nämlich im Sinkflug. Per wiederholtem Knopfdruck auf A wird mit den Armen gewedelt, um sich wieder Auftrieb zu verschaffen. Je schneller das Wedeln wiederholt wird, desto rascher steigt man auch wieder gen oberen Bildschirmrand. Das Steuerkreuz dient hierbei lediglich für Richtungswechsel, wobei natürlich nur links und rechts belegt sind, da die vertikale Bewegung ja durch den A Knopf bereits geregelt ist. Insbesondere ist das Momentum von Bedeutung – beispielsweise ist das plötzliche Abstoppen auf Höchstgeschwindigkeit nicht möglich, sodass man stets vorausschauend seine Flugmanöver durchführen sollte, um nicht unfreiwillig im nächsten Hindernis zu landen. Eine simplere Steuerung würde wohl nur halb so viel Spaß bereiten, auch wenn so zunächst ein wenig Eingewöhnung nötig ist.

Hat man sich mit dem Manövrieren des Helden ausreichend vertraut gemacht, sollte man sich dem Modus C widmen. Im sogenannten Ballon Trip scrollt der Bildschirm unaufhaltsam von rechts nach links, und man beschränkt sich während eines Flugs über dem Meer lediglich auf das Ausweichen zahlreicher Blitze, um den High Score durch möglichst lange Überlebensdauer und durch das Einsammeln von Luftballons zu knacken. Die Berührung auch nur eines Blitzes endet hierbei tödlich. Je nach Überlebensdauer werden einem verschiedene Zahlenränge zugeordnet, die bei 49 starten und dann herunter gezählt werden. Da sich die Blitze während diesem Modus langsam in alle möglichen Richtungen bewegen, ist vor allem Voraussicht in Bezug auf ihre Flugbahnen unerlässlich, um mögliche Lücken zwischen ihnen abschätzen zu können. Das Einsammeln von Blasen stoppt in diesem Modus glücklicherweise vorübergehend die Bewegung der Blitze und friert den Bildschirm kurzzeitig ein, so dass die Navigation durch das Labyrinth an Hindernissen ein wenig erleichtert wird.

Technisch gesehen ist Balloon Fight solide und seiner Zeit weder voraus, noch hinkte es ihr hinterher. Sowohl Charaktere als auch die restlichen Sprites sind liebevoll gezeichnet und animiert, stellen aber keine Highlights der NES-Ära dar. Der Soundtrack erweist sich als zweischneidiges Schwert. Teilweise bekommt man grausame Kompositionen an Geräuschabfolgen zu Gehör, andererseits dafür aber auch viele kurze und liebenswerte Jingles, zum Beispiel wenn Gegner getroffen oder vom Fisch vernascht werden, oder aber wenn ein Level bestanden oder neu begonnen wird. Als besonderes Highlight entpuppt sich die Melodie im Ballon Trip Modus, aber auch das Game Over Jingle im Modus A ist ein kleiner Ohrwurm.

Alles in allem ist es Nintendo mit Balloon Fight gelungen, für kurzweiligen und arcadelastigen Spielspaß zu sorgen. Aufgrund des geringen Spielumfangs wird einen der Titel allerdings nicht dauerhaft bei der Stange halten. Vielmehr handelt es sich um ein Spiel, das immer mal wieder für eine kurze Runde zwischendurch eingelegt werden kann. Wer Gefallen am Spielprinzip gefunden hat und nach mehr Umfang inklusive Plot und Abenteuermodus sucht, sollte übrigens nach dem Nachfolger Balloon Kid Ausschau halten, welcher für den Game Boy erschienen ist. Ausschließlich in Japan ist der zweite Teil außerdem noch als Hello Kitty World für das Famicom erschienen.


Wertung


6/10

Kommentare



Phil
Zugegeben, zunächst war auch ich nicht gerade angetan von der Steuerung in Balloon Fight. Zu verwöhnt ist man teilweise von neueren Titeln, in denen sich Spielfiguren mit einer unschlagbaren Präzision durch die virtuellen Welten navigieren lassen, als dass man sich mit einem Lächeln auf dem Gesicht an das träge System von Balloon Fight einstellen würde. Nach einer Eingewöhnungsphase ist es aber gerade das Meistern dieser zwar schwerfälligen, aber sinnvoll an die Schwerkraft gebundene Steuerung, die mich den Titel zur Highscorejagd immer mal wieder einlegen lässt.